Ich lebe mittlerweile mehrere Jahre an der Costa del Sol. Zeit, einmal einen ganz subjektiven und persönlichen Erfahrungsbericht über das Auswandern nach Spanien zu verfassen. Dabei schreibe ich aus der Perspektive von Jemandem, der mit Baby hierher gekommen ist. Sicherlich machen jüngere Partypeople oder ältere Pensionäre ganz andere Erfahrungen hier in der Gegend. Daher direkt zu Beginn der wiederholte Hinweis: dies ist ein Erfahrungsbericht, keine Anleitung zum Auswandern mit Anspruch auf Vollständigkeit. Nun aber viel Spass beim Lesen!

Die ersten Schritte in Spanien

Die Umzugskartons mit ganz besonderer Beschriftung: das hier geht alles nach Spanien!

Die ersten Schritte im neuen Zuhause waren stressfreier, als man bei einem Umzug nach Spanien mit Baby und Hund erwarten sollte. Das kam sicherlich auch daher, dass mein damaliger Mann und ich beschlossen hatten, nur ein Jahr im Ausland zu leben und dann wieder zurück nach Deutschland zu gehen. Daher wurden auch die meisten Möbel in Hamburg in einem Abstellraum untergebracht. Spoiler: das rechnet sich wirklich nur, wenn man hochwertige Sachen zu verstauen hat! Wir haben diese Entscheidung eher bereut… für die Kosten des Trasteros hätten wir im Endeffekt fast alles neu kaufen können. Doch wie gesagt: wir waren ja fest überzeugt, zurück zu gehen…

Die erste Unterkunft war ein Ferienhaus in Costabella, einem schönen, aber sehr, sehr ruhigen Part von Marbella im Osten der Stadt. Dort hatte ich über Fewo-Direkt für 2 Monate ein Ferienhaus gebucht, um vor Ort genügend Zeit zu haben, eine richtige Bleibe zu finden. Diese Entscheidung war gut und richtig, wir wurden direkt im Anschluss in La Duquesa fündig. La Duquesa ist ein schnuffiger kleiner Hafenort bei Casares, zwischen Estepona und Sotogrande. Schön anzusehen, aber recht touristisch (überwiegend britisch) und für unseren Geschmack auf Dauer zu abgeschieden. Aber wie eingangs erwähnt: da hat jeder andere Ansprüche und Wünsche.

Auf jeden Fall lief anfangs alles reibungslos. Direkt nach der Elternzeit konnte ich einen schönen Kita-Platz für meinen Sohn in Estepona ergattern. Wobei: „ergattern“ trifft eher auf Deutschland zu, hier ist es problemlos möglich, einen (privaten) Kita-Platz zu erschwinglichen Preisen zu bekommen. Nach wenigen Monaten stand dann auch fest: wir bleiben für immer! Ein Hauptgrund dafür, neben dem Klima und der andalusischen Lebensfreude, war und ist die Kinderfreundlichkeit bzw. Familienfreundlichkeit hier. Hier werden abends die Tische im Restaurant zur Seite gerückt, damit man mit dem Kinderwagen durchkommt und nicht, wie oft in Deutschland, die Augen verdreht, weil man mit einem möglicherweise mal laut werdenden Baby das Lokal betritt. Natürlich ist auch hier nicht alles perfekt und auch Deutschland hat viele Vorteile gegenüber der spanischen Küste… doch wie gesagt: für uns war und ist es die richtige Entscheidung gewesen, hier zu bleiben.

Arbeiten in Andalusien

Sicherlich interessiert es den einen oder anderen, wie wir so schnell in Andalusien Fuß fassen konnten. Arbeitslosigkeit ist hier in der Gegend durchaus ein Thema. In unserem Fall ist es so, dass wir unsere alten Jobs in Spanien einfach remote weiterführen konnten. Ein extremer Vorteil, den, bedingt durch die Corona-Pandemie, heutzutage vielleicht noch mehr Leute nutzen können, da einige Firmen auf remote Arbeitsplätze umgestellt haben. In unserem Fall haben wir unsere Selbstständigkeit „importiert“ und die deutschsprachigen Kunden einfach behalten. Dieses Glück hat natürlich nicht jeder, daher kann ich hier nur jedem Auswanderwilligen ans Herz legen, sich vorab genau zu überlegen, was man hier tun kann, um Geld zu verdienen. Es wäre blauäugig, ohne konkreten Plan und im Worst Case auch ohne Spanischkenntnisse hierher zu kommen. Die Sprache lernt man im Idealfall zumindest rudimentär, bevor man hierher kommt. Es gibt aber für Residenten z.B. auch günstige Angebote im Zentrum von Marbella, um die Sprache vor Ort zu erlernen. Ich selbst setze z.B. auf Netflix auf spanisch mit spanischem Untertitel, eine sehr angenehme Art, zu lernen.

Sollte der Arbeitgeber anbieten, die Auswanderung zu unterstützen und die Arbeit remote anzubieten, gilt es zu beachten, dass die Firma dann ebenfalls in Spanien meldepflichtig wird. Das bedeutet: ein Arbeitnehmer, der uneingeschränkt in Spanien steuerpflichtig ist, muss von einer Firma dort angemeldet werden. Diese Firma muss dann alle 3 Monate an das spanische Finanzamt Meldung machen. Zudem braucht der Geschäftsführer eine spanische Steuernummer, die sogenannte NIE.

NIE, Residencia & Co

Nach einiger Zeit war es notwendig, unseren Aufenthalt „offiziell“ zu machen. Wie Du sicherlich weißt, wird man mit mehr als 6 Monaten Aufenthalt im Jahr in Spanien steuerpflichtig. Das bedeutet ein nicht ganz unerheblicher Aufwand im Hinblick auf die spanische Bürokratie, die durchaus ihren eigenen „Charme“ hat. Ich wollte zum Beispiel direkt die Residencia beantragen. Dafür brauche ich jedoch eine NIE. Für diese NIE wollten die Behörden damals ein spanisches Bankkonto. Dieses sollte ich aber nur mit einer NIE erhalten… mittlerweile weiß ich, dass ich bei meiner damaligen Gestoria nicht ideal beraten war und dass man durchaus eine NIE ohne Bankkonto oder weitere Einschränkungen beantragen und erhalten kann. Das schwierigste dabei ist es, einen Termin bei der Polizei zu ergattern, der Rest geht dann recht easy. Mehr dazu hier. Generell würde ich Dir empfehlen, sich hierbei helfen zu lassen. Gestorías übernehmen diesen Service für einen geringen dreistelligen Betrag, was einem Nerven und Zeit erspart. Auch wenn die Gestoría in meinem Fall nicht perfekt gearbeitet hat, hatte ich doch recht zeitnah ein gutes Ergebnis für weniger als 200 EUR.

Mietwohnungen in Andalusien

Uns zog es recht schnell in ein etwas urbaneres Umfeld und so landeten wir in Marbella, mitten im Zentrum. Das sehr spanische Viertel rund um den Parque Miraflores ist quirlig, fussläufig zur Altstadt und zum Strand und im Vergleich zu anderen Teilen von Marbella recht günstig. Man hört vielleicht heraus, dass ich etwas verliebt in dieses Viertel bin. Wir hatten dort großes Glück mit unserer Vermieterin, die weder einen Wucherpreis für die Wohnung verlangte, noch 12 Monate Vorauszahlung oder 3 Monatsmieten Kaution. Das sind durchaus Dinge, die einem hier begegnen können. Man ist gut beraten, sich vorab dazu zu informieren. Denn eigentlich sind die Gesetze für Mieter in Spanien sehr mieterfreundlich. So ist es z.b. gesetzlich vorgeschrieben, dass der Makler vom Vermieter bezahlt wird, zumindest zu 50%. Allerdings ist das etwas, das hier „der Markt regelt“. Anders ausgedrückt: wenn Du nicht den Makler bezahlst, dann nehme ich eben einen anderen Mieter. Ärgerlich, aber im Miet-Umfeld leider nach wie vor üblich.

Generell lohnt sich: genau hinschauen und verhandeln. Selten wird hier am Ende das gezahlt, was ursprünglich verlangt wurde. Das gilt übrigens noch mehr für den Immobilienkauf, was ich im nächsten Abschnitt etwas detaillierter ausführen werde. Außerdem sollte man im Idealfall einen unbefristeten Mietvertrag erhalten, da die Vermieter hier, gerade in sehr touristischen Gegenden, Wohnungen gerne im Juli und August an Touristen vermieten, um bedeutend höhere Einnahmen zu haben. Wenn man jedoch einen unbefristeten Vertrag ergattern konnte, kann man z.B. auch nicht herausgeworfen werden, wenn der Eigentümer die Wohnung verkaufen will.

Immobilienkauf in Marbella

Wer eine Immobilie in Marbella kaufen möchte, stößt auf einige Besonderheiten, die einen eigenen Artikel wert wären. Daher vorab nur einige Stichworte. Wie zuvor erwähnt, sind die aufgerufenen Preise selten die, für die eine Immobilie schlussendlich über den Ladentisch geht. Ich habe mir in Marbella einmal einen 2-Zimmer-Wohnung angesehen, für die der Verkäufer bummelige 320.000 EUR aufrief. Besonders putzig fand ich die Ausführung, dass es sich ja quasi um eine 3-Zimmer-Wohnung handele, da man ja die Küche ins Wohnzimmer verlegen könne… wie auch immer: ich sagte ab, weil mir die Wohnung zu klein und zu teuer war. Per Whatsapp bekam ich nun fortlaufend neue Angebote von diesem Verkäufer, bis er mir schlussendlich die Wohnung für 303.000 EUR anbot. Ich lehnte abermals ab. Einige Tage später fand ich eine ältere Annonce der Wohnung, in der der Verkäufer 360.000 EUR verlangte, also knapp 20% mehr! Man sieht also: es ist immer Spiel da und es ist klug, zu verhandeln.

Weitere wichtige Aspekte beim Hauskauf, insbesondere in Marbella und Umgebung, ist die Lizenzierung der Immobilie. Sprich: es gibt gerade hier unzählige Bauten, die ohne Licencia de 1ra occupación erbaut wurden. Warum das wichtig ist? Nun, ohne entsprechende Lizenz erhält man oft keine Hypothek von der Bank. Selbst wenn man selbst ohne Kredit kaufen kann, wird ein Wiederverkauf dadurch erschwert, dass keine gültigen Papiere vorliegen. Zudem ist die Lizenz notwendig, um Wohnungen touristisch zu vermieten. Das Fehlen der Lizenz ist also in jedem Fall wertmindernd, auch wenn man selbst keine Hypothek zum Kauf benötigt.

Beim Kredit ist zu beachten, dass Residenten meist 80% des Wertes der Immobilie als Kredit erhalten. Allerdings entspricht der Wert der Immobilie selten dem aufgerufenen Kaufpreis. Es kann also sein, dass die Tasacion (das Wertgutachten, dass die Bank im Namen und auf Kosten des potenziellen Käufers durchführen lässt) unter dem Kaufpreis liegt. Dann ist auch die Hypothek geringer als erhofft, da die Bank 80% des geschätzten Wertes gibt, nicht 80% des Kaufpreises.

Aber wie gesagt: der Immobilienkauf in Spanien verdient einen eigenen Artikel. Unterm Strich sollte hier nur hängenbleiben: lass Dich gut beraten! Anwälte berechnen 1% des Kaupreises als Honorar und diese Investition ist es wert. Es gibt gerade hier an der Costa del Sol auch viele deutschsprachige Anwälte, die Dir in diesem Bereich weiterhelfen können.

Handwerker & Co.

Vielleicht abschließend noch ein Hinweis: wenn man hier in der Gegend auf Handwerker angewiesen ist, braucht man manchmal durchaus Geduld und gute Nerven. Auf jeden Fall ist ein gut funktionierendes Netzwerk mit Empfehlungen und Freunden von Vorteil. Eine Schwierigkeit ist, dass man in Spanien ein Handwerk ausüben darf, ohne eine entsprechende Ausbildung genossen zu haben. Daher kann es z.B. bei Elektroinstallationen durchaus mal zu abenteuerlichen Konstruktionen kommen! Hier empfehle ich, sich vorab bei Facebook bei entsprechenden Gruppen (Deutsche in Marbella, Deutsche und Freunde in Marbella und Umgebung etc.) zu erkundigen. Ich habe dort einen deutschen Elektriker gefunden, dem ich bei jeder Aufgabe blind vertraue. Allerdings kann man auch hier auf die Nase fallen: mir wurde einmal ein schweizer Schlosserbetrieb, der hier ansässig ist, für das Auswechseln von 3 Schlössern empfohlen. Am Ende erhielt ich eine Rechnung über knapp 450 EUR. Auf der Rechnung: 2 Stunden à 100 EUR für den Einkauf beim Baumarkt… seitdem arbeite ich ausschließlich mit Kostenvoranschlag. Der muss nicht aufwändig schriftlich erfolgen, aber zumindest sollte vorab mündlich der Umfang und die Kosten so genau wie möglich umrissen sein. Und wenn Du mal gute Handwerker gefunden hast – lass sie nicht mehr gehen 🙂

Sonnenuntergang am Paseo Maritimo, Marbella

Fazit

Ich könnte noch ewig weiterschreiben! Wie gesagt: viele Aspekte verdienen eine vertiefende Darstellung und dieser Bericht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ich stehe aber gerne bei Fragen zur Verfügung – zögere nicht, mir hier einen Kommentar zu hinterlassen, ich werde dann versuchen, Deine Fragen so gut wie möglich zu beantworten.

Unterm Strich bleibt mir nur eins zu sagen: ich habe es nie bereut, hierher zu kommen. Natürlich: es fehlt die Familie, die in Deutschland lebt. Und ich vermisse viele gute Freunde im Saarland und in Hamburg, die ich am liebsten alle mit eingepackt und hierher gebracht hätte! Trotzdem: wenn ich gleich mit dem Hund am Paseo Maritimo einen ausgiebigen Spaziergang mache und aufs Meer blicke, weiß ich: alles richtig gemacht. ¡Te quiero, Marbella! (auch wenn Du ein, zwei Macken hast, meine Schöne…)

Fotos: Astrid Kramer